MEXIKO II
Oaxaca (1982)
Die Sierra auf dem Weg nach Oaxaca ist mit Kakteen übersät, dazwischen kleben Maisfelder an den Hügeln, fast immer mit einer Hütte daneben.
Das Leben in Oaxaca spielt sich am und um den Zócalo, den zentralen Platz, ab. Die Hügel der Sierra scheinen so nahe, dass man meint, man müsste nur ein paar Häuserblöcke weit zu gehen um an ihren Füßen zu stehen. Trotzdem verbringe ich Stunden im ehemaligen Konvent Santo Domingo, in dem jetzt das Regionale Museum für Volkskunde und Archäologie untergebracht ist. U.a. sind dort beeindruckende Grabbeigaben aus Monte Albán zu sehen.
Monte Albán, einst Stadt der Zapoteken und Mixteken, liegt auf 2.000 Meter über dem Meer. Die Ruinen und die vielen steinernen Kunstwerke auf dem künstlich abgeflachten Hügel, welcher die umliegenden Täler überblickt, die Sierra mit der spärlichen Vegetation und der ständige Wind sorgen für eine ganz eigenartige, fast mystische Stimmung.
San José del Pacífico
San José, ein Ort mit wenigen hundert Einwohnern, liegt auf halbem Wege zwischen Oaxaca und dem Pazifik auf fast 2.400 Metern. Die Hügel sind von dichter Vegetation überzogen, es ist windig und vor allem am Abend empfindlich kalt. Die Wolken, welche unten im Tal dahinziehen, bieten ein faszinierendes Schauspiel. Später fällt dichter Nebel von den Berghängen herunter und hüllt den Ort ein. Mystisch vielleicht, aber gemütlich ist anders.
Es sind aber nicht Wolken und Nebel, die vor allem junge Besucher anziehen, sondern es sind die Hongos, Magic Mushrooms, also psychoaktive Pilze, die in dieser Gegend wachsen. Es scheint eine gewisse indigene Tradition in der Verwendung dieser Pilze zu geben, allerdings weniger als bewusstseinserweiternde Droge, sondern als Heilmittel. Bekannt wurde vor allem María Sabina, eine Schamanin und Heilerin, die mit Hongos experimentierte. Sie wird sogar im ethnologischen Teil des Museums für Anthropologie in Mexico City erwähnt. Die Entscheidung, Hongos zu probieren oder nicht, wird mir abgenommen, da es schon September ist, es längere Zeit nicht geregnet hat und daher ohnehin keine mehr wachsen.
Unterwegs hatte ich Gonzalo, einen jungen Mexikaner, kennengelernt, der mit Werkzeug für die Holzarbeit nach San José fuhr, um es dort zu verkaufen. Erst später erzählt er mir, dass er es üblicherweise gegen Mota, das ist hier der gängige Name für Cannabis, das in den Hügeln offenbar ebenfalls angebaut wird, eintauscht und es nach Mexico City bringt. Er wird aber gewarnt, dass es in der Region gerade eine größere Polizeiaktion gebe und verzichtet diesmal darauf. Die Nervosität kann man auch im Ort spüren.
Das Abendessen bei Tía María ist trotzdem ein Erlebnis: Sie kocht in ihrer Hütte in einer richtigen Rauchküche - am Boden auf offenem Feuer. Das Fleisch wird direkt in die Glut gelegt, aus großen, rußigen Töpfen werden Reis, Frijoles und warme Getränke geschöpft. Tía María verlässt ihren Platz nie, sondern sitzt den ganzen Abend lang auf ihrer Matte vor dem Feuer und hantiert mit ihren Gerätschaften. Zum Essen setzen wir uns auf kleinen Holzschemeln an einen niedrigen Tisch.
Gemeinsam mit Gonzalo nach Mexico City gefahren, wo er mich zu einem Hotel begleitet, das er kennt, recht gut gelegen und günstig. Während ich mich dusche, raucht Gonzalo einen Joint, die Kippe dämpft er im Aschenbecher aus, ich habe das Bild noch genau vor mir. Wir gehen zusammen weg, trennen uns aber bald, ich mache mich auf den Weg Richtung Zentrum.
Irgendetwas beunruhigt mich, ich habe das Gefühl, dass etwas nicht stimmt und kehre um, eile zum Hotel zurück. Meine Kamera fehlt aus dem Zimmer! Ich renne zur Rezeption. Der Portier bestreitet nicht, dass Gonzalo nochmals da gewesen sei sondern meint nur lakonisch, dass er wisse, dass wir im Zimmer Gras geraucht hätten und das sei verboten. Ob ich wirklich die Polizei verständigen wolle? Ich verzichte darauf, vielleicht gehört diese ja auch zu diesem kleinen Kartell, das sich so gut abgesprochen hat!
Auch wenn es für mich ein herber Verlust ist: Eine Kamera kann man wieder kaufen. Um die Bilder der letzten Tage ist mir wirklich leid, auch wenn sie (noch) im Kopf sind. Was mir am meisten zu schaffen macht, ist der Vertrauensbruch. Immerhin war ich mit Gonzalo einige Tage unterwegs, habe ihn zum Essen eingeladen, ihm in den kalten Bergen ein T-Shirt geschenkt. Das macht mich wütend, aber auch die Hilflosigkeit, mich nicht dagegen wehren zu können.
Oaxaca (1982)
Die Sierra auf dem Weg nach Oaxaca ist mit Kakteen übersät, dazwischen kleben Maisfelder an den Hügeln, fast immer mit einer Hütte daneben.
Das Leben in Oaxaca spielt sich am und um den Zócalo, den zentralen Platz, ab. Die Hügel der Sierra scheinen so nahe, dass man meint, man müsste nur ein paar Häuserblöcke weit zu gehen um an ihren Füßen zu stehen. Trotzdem verbringe ich Stunden im ehemaligen Konvent Santo Domingo, in dem jetzt das Regionale Museum für Volkskunde und Archäologie untergebracht ist. U.a. sind dort beeindruckende Grabbeigaben aus Monte Albán zu sehen.
Monte Albán, einst Stadt der Zapoteken und Mixteken, liegt auf 2.000 Meter über dem Meer. Die Ruinen und die vielen steinernen Kunstwerke auf dem künstlich abgeflachten Hügel, welcher die umliegenden Täler überblickt, die Sierra mit der spärlichen Vegetation und der ständige Wind sorgen für eine ganz eigenartige, fast mystische Stimmung.
San José del Pacífico
San José, ein Ort mit wenigen hundert Einwohnern, liegt auf halbem Wege zwischen Oaxaca und dem Pazifik auf fast 2.400 Metern. Die Hügel sind von dichter Vegetation überzogen, es ist windig und vor allem am Abend empfindlich kalt. Die Wolken, welche unten im Tal dahinziehen, bieten ein faszinierendes Schauspiel. Später fällt dichter Nebel von den Berghängen herunter und hüllt den Ort ein. Mystisch vielleicht, aber gemütlich ist anders.
Es sind aber nicht Wolken und Nebel, die vor allem junge Besucher anziehen, sondern es sind die Hongos, Magic Mushrooms, also psychoaktive Pilze, die in dieser Gegend wachsen. Es scheint eine gewisse indigene Tradition in der Verwendung dieser Pilze zu geben, allerdings weniger als bewusstseinserweiternde Droge, sondern als Heilmittel. Bekannt wurde vor allem María Sabina, eine Schamanin und Heilerin, die mit Hongos experimentierte. Sie wird sogar im ethnologischen Teil des Museums für Anthropologie in Mexico City erwähnt. Die Entscheidung, Hongos zu probieren oder nicht, wird mir abgenommen, da es schon September ist, es längere Zeit nicht geregnet hat und daher ohnehin keine mehr wachsen.
Unterwegs hatte ich Gonzalo, einen jungen Mexikaner, kennengelernt, der mit Werkzeug für die Holzarbeit nach San José fuhr, um es dort zu verkaufen. Erst später erzählt er mir, dass er es üblicherweise gegen Mota, das ist hier der gängige Name für Cannabis, das in den Hügeln offenbar ebenfalls angebaut wird, eintauscht und es nach Mexico City bringt. Er wird aber gewarnt, dass es in der Region gerade eine größere Polizeiaktion gebe und verzichtet diesmal darauf. Die Nervosität kann man auch im Ort spüren.
Das Abendessen bei Tía María ist trotzdem ein Erlebnis: Sie kocht in ihrer Hütte in einer richtigen Rauchküche - am Boden auf offenem Feuer. Das Fleisch wird direkt in die Glut gelegt, aus großen, rußigen Töpfen werden Reis, Frijoles und warme Getränke geschöpft. Tía María verlässt ihren Platz nie, sondern sitzt den ganzen Abend lang auf ihrer Matte vor dem Feuer und hantiert mit ihren Gerätschaften. Zum Essen setzen wir uns auf kleinen Holzschemeln an einen niedrigen Tisch.
Gemeinsam mit Gonzalo nach Mexico City gefahren, wo er mich zu einem Hotel begleitet, das er kennt, recht gut gelegen und günstig. Während ich mich dusche, raucht Gonzalo einen Joint, die Kippe dämpft er im Aschenbecher aus, ich habe das Bild noch genau vor mir. Wir gehen zusammen weg, trennen uns aber bald, ich mache mich auf den Weg Richtung Zentrum.
Irgendetwas beunruhigt mich, ich habe das Gefühl, dass etwas nicht stimmt und kehre um, eile zum Hotel zurück. Meine Kamera fehlt aus dem Zimmer! Ich renne zur Rezeption. Der Portier bestreitet nicht, dass Gonzalo nochmals da gewesen sei sondern meint nur lakonisch, dass er wisse, dass wir im Zimmer Gras geraucht hätten und das sei verboten. Ob ich wirklich die Polizei verständigen wolle? Ich verzichte darauf, vielleicht gehört diese ja auch zu diesem kleinen Kartell, das sich so gut abgesprochen hat!
Auch wenn es für mich ein herber Verlust ist: Eine Kamera kann man wieder kaufen. Um die Bilder der letzten Tage ist mir wirklich leid, auch wenn sie (noch) im Kopf sind. Was mir am meisten zu schaffen macht, ist der Vertrauensbruch. Immerhin war ich mit Gonzalo einige Tage unterwegs, habe ihn zum Essen eingeladen, ihm in den kalten Bergen ein T-Shirt geschenkt. Das macht mich wütend, aber auch die Hilflosigkeit, mich nicht dagegen wehren zu können.